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Während die Sensitivitätsforschung insbesondere auf Kreativität und Empathie als arbeitsrelevante Vorteile von Hochsensitivität verweist, werden als Nachteile die erhöhte Stress- sowie Burnoutgefährdung angeführt.
Von Dr. Patrice
Wyrsch (Review: Dr. Teresa Tillmann) - aktualisiert am 18.02.19
Wie jede Medaille hat auch die erhöhte Sensitivität ihre Sonnen- und Schattenseite. In diesem Sinne implizieren bereits die vier Sensitivitätsfacetten von HOMBERG ET AL. (2016), dass Hochsensitivität sowohl arbeitsrelevante Vorteile als auch Nachteile mit sich bringen kann:
- Höheres Bewusstsein von umweltbezogenen Feinheiten
- Tiefere Verarbeitung von sensorischen Informationen
- Stärkere emotionale Reaktivität
- Erhöhte Anfälligkeit für Überstimulation
Ein Experiment von GERSTENBERG (2012) verdeutlicht den 'Trade-Off' dieser vier Sensitivitätsfacetten in bemerkenswerter Weise. Während hochsensitive Personen bei einer visuellen Wahrnehmungsaufgabe sowohl besser und schneller abschnitten (vgl. Facetten 1+2), war ihr subjektiver Stresslevel im Anschluss an die Aufgabe ebenso erhöht (vgl. Facette 4).
KREATIVITÄT
Im Kontext der ersten zwei Sensitivitätsfacetten betonen verschiedene, renommierte Sensitivitätsforschende, dass erhöhte Sensitivität mit
einer erhöhten Kreativität einhergehen kann (vgl. z.B. ARON & ARON, 1997; HOMBERG ET AL., 2016). In diesem Zusammenhang
wissen wir, dass Sensitivität über einen signifikant positiven Zusammenhang mit dem Big-Five-Persönlichkeitsfaktor "Offenheit für Erfahrungen" verfügt, welcher einer der wichtigsten Prädiktoren
von Kreativität ist (vgl. z.B. FEIST, 1998). Zudem besteht ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen Sensitivität und assoziativer Sensitivität
(EVANS & ROTHBART, 2008). Tatsächlich zeigen zwei neuste Studien sowohl konzeptionell-theoretisch (BRIDGES & SCHENDAN, IN PRESS A) als auch quantitativ-empirisch (BRIDGES & SCHENDAN, IN PRESS
B) auf, dass hochsensitive Personen kreativer sind.
EMPATHIE
Im Kontext der dritten Sensitivitätsfacette wissen wir von einer neurologischen Studie, dass die für die Empathiefähigkeit zentralen Spiegelneuronen bei hochsensitiven Personen besonders stark aktiviert sind (ACEVEDO ET AL., 2014). In diesem Zusammenhang kommen ACEVEDO ET AL. (2018) in einem neusten Review der vier bisher veröffentlichten, neurologischen Sensitivitätsstudien zur Schlussfolgerung, dass Hochsensitivität sowohl das Wohlbefinden als auch die Kooperation ganzer Gruppen erhöhen könnte.
STRESS- & BURNOUT-GEFÄhrdung
Im Kontext der vierten Sensitivitätsfacette wissen wir von zwei Studien, dass
Hochsensitivität mit einer erhöhten Stressgefährung einhergehen kann. So fanden beide Studien einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen Sensitivität und Arbeitsstress (ANDRESEN ET AL., 2017; EVERS ET AL., 2008). Zudem wissen wir, dass Sensitivität über einen signifikant positiven Zusammenhang mit dem
Big-Five-Persönlichkeitsfaktor "Neurotizismus" verfügt, welcher einer der wichtigsten Prädiktoren von Burnout ist (vgl. z.B. MASLACH ET AL.,
2001).